Hier finden Sie Erfahrungsberichte, die allerdings - um Anonymität weitestgehend wahren zu können - nicht nur von Pfarrstelleninhaberinnen und Pfarrstelleninhabern der EKvW erbeten wurden.
Erste Anzeichen habe ich schon 1 Jahr vor dem endgültigen Zusammenbruch festgestellt. So war ich z. B. im Urlaub, hatte mich in der Zeit auch gut erholt, und als ich zurückkam, konnte ich nicht mehr arbeiten. Es war nicht die übliche Unlust nach dem Urlaub, sondern das Gefühl einfach nicht mehr zu können und zu wollen. Dieses Gefühl trat dann 1 Jahr lang immer wieder auf, unterbrochen von kurzen Phasen, in denen es mir besser ging. Andererseits funktionierte ich nach außen gut, erledigte meine Arbeit, aber wenn ich keine Termine wahrzunehmen hatte, konnte ich kaum noch aufstehen. Für Freunde, Familie, Privatleben war überhaupt keine Energie mehr da.
Nach einem Jahr war für mich deutlich, dass ich etwas unternehmen müsste. Meine innere Verfassung wurde immer schlechter, es fiel mir aber auch schwer, dies vor anderen Menschen zuzugeben. Auch die Vertröstungen von anderen, in der Gemeinde würden wieder leichtere Zeiten kommen und Umstrukturierungen erfordern nun mal viel Kraft, machten mir nur deutlich: Ich kann nicht mehr!
Ich habe zunächst meine Hausärztin aufgesucht, die einen Klinikaufenthalt vorschlug und diesen beantragte.
Nach dem die Krankenkasse dies zunächst ablehnte und eine ambulante Therapie forderte, hat sie mich an einen Facharzt überwiesen.
Dieser hat mich sofort arbeitsunfähig geschrieben und eine medikamentöse Therapie begonnen.
Nach einigem Hin und Her wurde der Klinikaufenthalt genehmigt, ich musste dann aber 6 Wochen auf einen Platz warten.
Ich war 9 Wochen in einer Klinik und wurde entlassen mit der Angabe, dass ich noch mind. 6 Monate arbeitsunfähig sei und nicht in meine alte Stelle zurückkehren soll.
An den Klinikaufenthalt schloss sich eine ambulante Therapie an.
In der Zeit der Arbeitsunfähigkeit versuchte ich, einen Stellenwechsel zu organisieren und nahm Kontakt zur Landeskirche auf. Dies ist bis heute nicht gelungen, so dass ich in meine alte Stelle zurückgekehrt bin.
Sehr hilfreich war der Klinikaufenthalt. Geplant waren 3 Wochen, es sind dann 9 daraus geworden. In dieser Zeit konnte ich Abstand gewinnen von allen belastenden Umständen und neue Perspektiven erarbeiten.
Hilfreich war mein privates Umfeld, dass mich gerade in den 6 Monaten nach dem Klinikaufenthalt sehr unterstützt hat und eine Gemeinde, die akzeptierte, dass ich nicht arbeiten konnte und mir Zeit gegönnt hat, obwohl ich im Pfarrhaus lebe.
Hilfreich waren besonders in der Zeit der Rückkehr Gespräche mit Menschen, die gleiches erlebt hatten und ihre Erfahrungen mit mir teilten und mir Mut machten.
Die Menschen in der Gemeinde haben mir die Rückkehr sehr leicht gemacht. Sie haben sich gefreut und mich in der ersten Zeit sehr unterstützt. In der langen Zeit der Krankheit hatten ehrenamtliche MitarbeiterInnen vieles übernommen, manche Aufgabe auch dauerhat.
Nicht hilfreich war in der ganzen Zeit die Kirche als Arbeitgeber. Außer einer Karte des Superintendenten zu Beginn der Erkrankung, gab es kein Zeichen der Anteilnahme. Außerdem wurde trotz eines ärztlichen Attestes, dass ich für eine Zeit nicht in der Gemeinde arbeiten sollte, eine Abberufung/Versetzung abgelehnt. Bis heute arbeite ich in meiner alten Stelle, das war, besonders im ersten Jahr, ein harter Weg, zumal es zwar nicht in der Gemeinde aber im Kollegenkreis ein starke Stigmatisierung „Nicht mehr Belastbar“ gab.
Ich würde ihnen raten, sich früh Hilfe zu holen und nicht so lange zu warten. Vernetzung mit anderen Betroffenen kann helfen, Tipps und Hinweise zu bekommen. Ich rate den Betroffenen, gut für sich zu sorgen, auch gegen Widerstände.
Ich wünsche heute Betroffenen, dass sie mehr Hilfe von Seiten der Kirchenleitung erfahren. Erste Anzeichen hierfür hat es in den letzten Jahren gegeben. Ich wünsche mir auch, dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass Menschen, die an einem Burnout erkrankt waren, wichtige Erfahrungen für ihr Leben gemacht haben. Dies kann in der kirchlichen Arbeit auch ein Schatz sein, in einer Gesellschaft, die immer mehr Menschen überlastet und überfordert. Innerkirchlich erfahre ich leider nur die Stigmatisierung, doch nicht richtig belastbar zu sein. Wie gut ist es, mit den eigenen Grenzen leben zu können und auch die Grenzen anderer zu akzeptieren.