Institut für Aus-, Fort- und Weiterbildung

in der Evangelischen Kirche von Westfalen

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Sabbatspiritualität

Sabbat – geschenkt und verordnet

Sabbatruhe ist eine von Gott gestiftete Ruhezeit am siebten Schöpfungstag. „Und so vollendete Gott am siebenten Tag seine Werke, die er machte und ruhte am siebenten Tag von allen seinen Werken, die er gemacht hatte.“ (1.Mose 2,2)

Der Versuch, der Überforderung in pfarramtlichen Aufgabenfeldern zu begegnen, beruht auf diesem Sabbatgedanken. Dabei ist zu beachten, dass es nicht darum geht, einen Kausalzusammenhang zwischen fehlender Sabbatruhe und einem Burnout-Syndrom zu beschreiben. Allerdings ist angesichts der hohen Anforderungen an Pfarrerinnen und Pfarrer (sowie auch an andere Berufsfelder genauso wie an die in der Kirche ehrenamtlich Tätigen) eine große Bereitschaft zu beobachten, eigene zur Regeneration nötige Freiräume terminlich zu belegen. Mitunter entsteht dann im Laufe einer Woche ein ständiges Beschäftigt-und Gefordert sein im beruflichen und / oder familiären Zusammenhang ohne eine ritualisierte Unterbrechung.

Die Sabbatruhe beschreibt im biblischen Kontext einen geordneten und eingeplanten Tag der Ruhe, wie er in die Zehn Gebote 2. Mose 20, 8 -11 eingeflossen ist: „Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn.“1


Neben der Verantwortung, sein eigenes Maß an Arbeit und Belastungsfähigkeit zu finden und immer wieder auszuloten, wird von der Zuwendung Gottes zu den Menschen dieses Maß aus der individuellen Verfügungsgewalt herausgehoben und als regelmäßig wiederkehrender Tag der Ruhe und der Spiritualität eingeräumt und im biblischen Zusammenhang nicht zur Disposition gestellt. Damit sind die Rahmenbedingungen klar. Durch die konsequente Zuwendung Gottes zum Menschen wird der Sabbattag ein Tag der wiedererlangten Würde dadurch, dass die Ruhe nicht nur den höher Gestellten eingeräumt wird. Während einer seinen Sabbattag pflegt, darf ein anderer nicht erledigen müssen, was dann zwangsläufig liegen bleibt – Mann und Frau sind hier genauso gleichgestellt wie Herr und Knecht und Hausfrau und Magd, Mensch und Tier. Im Sabbatgebot ruht der Herrschaftsgedanke auf der ganzen Linie. Überindividuell soll sich der Mensch vor Gott zusammen mit anderen in eine ihn haltende und Leben fördernde Tradition einüben – oder wieder einfügen.

Die Ruhe vollendet das Werk

Ohne einen Ruhetag bleibt die Arbeit unvollständig. „Und so vollendete Gott am siebenten Tag seine Werke.“2 Um sich selbst, den Dingen, Entscheidungen, Gedankenprozessen Zeit zu geben, sie reifen zu lassen, um sie spruchreif zu machen, braucht es diesen Tag der Ruhe. An vielen Stellen lässt sich dieser Rhythmus noch wieder finden. Die Dreifelderwirtschaft kennt das Ruhejahr, um dem Boden ein Jahr der Ruhe zu verschaffen -und eine Nacht über Dinge zu schlafen bringt ganz neue Erkenntnisse mit sich.

Wie ist es möglich, eine entlastende Möglichkeit für Pfarrer und Pfarrerinnen, deren Eheleute, Partnerinnen und Partner, Kinder, Küsterinnen und Küster, Ehrenamtliche neu zu überdenken und darauf hinzuwirken, dass neben den öffnenden Formen der Gastfreundschaft auch begrenzende Formen entwickelt werden, ohne neuen Druck aufzubauen oder gar einen Schuldzusammenhang zu konstruieren?

Eine Beschäftigung mit dem Sabbat in kirchlichen Arbeitsbereichen kann Antworten versuchen und mit den betreffenden Menschen Lösungen erarbeiten. Eine Möglichkeit, in eine neue Weise des Zeitmanagements hineinzufinden, scheint mir zu sein, eine Form von geistlichem Leben in den persönlichen Alltag hinein zu nehmen. Es braucht die Entwicklung einer anderen Kultur, um als Kirche glaubwürdige Akzente zu setzen im Umgang mit der Ressource Zeit.

Pfarrerin Martina Espelöer, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Iserlohn im Juni 2013